Der Senat wird aufgefordert, die eingetretene
Unterversorgung von Kindern und Jugendlichen im Land Berlin mit notwendigen
Therapien nach § 27 Absatz 3 und § 35a KJHG zu beenden und in diesem Bereich
eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten.
Dazu soll der Senat folgende
Maßnahmen ergreifen:
1. In Zusammenarbeit mit den fachdiagnostischen Diensten der Bezirke und der Psychotherapeutenkammer sind landeseinheitliche Leitlinien zur Differenzierung der unterschiedlichen Hilfearten zu erarbeiten und schnellstmöglich dem Parlament zur Entscheidung vorzulegen. Das betrifft:
a) Psychotherapie als Hilfe zur Erziehung
b) Psychotherapie als Eingliederungshilfe
c) Psychotherapie als heilkundliche Behandlung im Sinne des SGB V.
2. Zur besseren Planbarkeit der Hilfen sind Steuerungselemente zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Fachdiensten – Erziehungs- und Familienberatung (EFB), Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD), Schulpsychologischer Dienst - und zur Verbesserung der Kooperation zwischen den Fachdiensten und Fachkräften in den unterschiedlichen psychotherapeutischen Versorgungsstrukturen - Psychotherapie nach § 27 Absatz 3 und § 35a KJHG, stationärer Bereich und Therapien über Krankenkassen - zu implementieren.
3. Mit den Krankenkassen sind umgehend Verhandlungen darüber aufzunehmen, wie anteilige Finanzierungen bei den Fällen, wo Mehrfachhilfen notwendig werden, gefunden werden können.
4. Der Senat soll sich dafür einsetzen, dass Nachqualifikationen von KJHG -Psychotherapeuten mit dem Ziel der Eintragung ins Arztregister erfolgen.
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 30. Juni 2004 zu berichten.
Begründung:
Seit mehr als einem Jahr ist eine neue Praxis zur Neubewilligung von Hilfen nach § 27 Absatz 3 und § 35a in den Bezirken zu verzeichnen, die bis an Willkür grenzt. So sind zum Beispiel im Bezirk Tempelhof/Schöneberg die Neubewilligungen von 220 Fällen im Jahr 2001 auf 2 Fälle im Jahr 2003 zurückgegangen. Leidtragende sind die Kinder und Jugendlichen, die notwendige therapeutische Hilfen insbesondere bei psychischen Störungen benötigen.
Dabei ist zu beachten, dass Hilfen nach § 27 Absatz 3 und § 35a KJHG (SGB VIII) immer Hilfen zur Erziehung sind, die das Ziel der sozialen Integration verfolgen. Sie sind Einzelfallmaßnahmen und in vielen Fällen mit psychotherapeutischen ambulanten Maßnahmen verbunden, die nicht durch die Krankenkassen übernommen werden können, weil diese in erster Linie Hilfen nach dem SGB V finanzieren. Darum kann eine generelle Auslagerung auf die Kassen nicht erfolgreich sein, sondern produziert eine Versorgungslücke, die zahlreiche Probleme für die nicht behandelten Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern nach sich ziehen können – angefangen vom Schulversagen bis zur Delinquenz und Ausprägung langanhaltender psychischer Störungen und Krankheitsbilder.
Aus den genannten Gründen muss der Senat umgehend Maßnahmen ergreifen, um die gesetzlichen Ansprüche nach KJHG zu gewährleisten, indem er landeseinheitliche Kriterien zur Differenzierung der einzelnen Hilfearten vorgelegt, die Bewilligungspraxis zugunsten der betroffenen Kinder und Jugendlichen verändert, die Kooperation zwischen den diagnostischen Fachdiensten und den Fachkräften der unterschiedlichen psychotherapeutischen Versorgungsstrukturen verbessert und die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen vertieft.
Berlin, den 19. Januar 2004
Zimmer Hoffmann Herrmann Steuer
und die übrigen Mitglieder der Fraktion der CDU
Ausschuss-Kennung
: GesSozMiVergcxzqsq